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Es ist Jentgens Weg, dem Prozess der unendlichen Bilderfluten nachzuspüren, ein
Prozess, der sich jenseits der Kontrolle der Vernunft ereignet, dem die
Surrealisten bereits nachgegangen sind. Es ist der Prozess der unendlichen
Bildproduktionen im Bewusstsein gemeint, dem der Künstler auf der Bildfläche
Dauer verleihen will, ohne ihm zugleich Einhalt zu gebieten.
Hier wird Zeichnen, Bilder herstellen als Form der Selbstvergewisserung
beschrieben, zeigt sich das Bilderherstellen, wie es Thomas Jentgens bewegt, als
eine Form des visualisierenden Denkens und des Lesens dessen, was sich unbewusst
artikuliert. Es ist weniger die Angst, oder nur der Schrecken vor dem leeren
Blatt, sondern der Anfang einer Reise der Imagination, der Phantasie, in der
sich diffuse, verschwommene Vorstellungen bildlich konkretisieren lassen.
Es sind Gedankenblitze, Beobachtungen, aufflammende kurze Erinnerungen, Gefühle.
Und tatsächlich legt Jentgens sie auch manchmal mit geschlossenen Augen nieder,
um dann aus dem Gefüge der Linien zu erkennen, was zu sehen war, oder um zu
sehen, ob sich etwas erkennen lässt.
Jentgens weiß in seinen Bildern, Skulpturen und Plastiken in Bereichen des
Moralisch- Ethischen, in religiösen Fragen Stellung zu beziehen. Seine
Bildwelten reichen in magische Vorstellungen ebenso hinein, wie er gelegentlich
das Komisch-Absurde, das Theatralische, auch das Erotisch-Sinnliche zu deuten
weiß. Zarte Gefühle sind zu entdecken, Trauer Zuneigung, wenn sich ein Kopf
verhalten senkt, ein Nacken sich beugt, Selbstgewissheit und Selbstverlorenheit,
Fremdheit, Andersheit, Stolz auch ebenso wie Elend. Und: unbenennbare
Ambivalenz, stets etwas nicht Fassbares, das eben auch menschlich ist.
In der äußeren Gestalt finden sich Formqualitäten, die jenseits der Absicht des
Künstlers bleiben. Das Moment des Zufälligen scheint wichtig, das übereingeht
mit den Spuren des Arbeitsprozesses, aus denen immer deutlich wird, dass das
hier zu Sehende etwas gemachtes ist, keine endgültige Lösung, vielmehr die Idee,
die Vision eines Menschen und Beobachters der Fülle dessen, was in der Natur und
menschlichem Dasein möglich ist.
Dr. Dirk Teuber
Kurator der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, 2004
Ich zeichne
Manchmal muss ich die Augen schließen
Um zu sehen
Ich zeichne
Ich schließe meine Augen
Ich sehe immer mehr
Manchmal sehe ich nichts
Dann zeichne ich
Um zu sehen
Thomas Jentgens 2004
Text: Vom Künstler geliefert
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