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Auf den ersten Blick schien alles ganz normal. Man betrat eine Kirche, und
entwickelte automatisch den gebührenden Respekt, der sich bei den meisten beim
Betreten religiöser Stätten einstellt.
Erst beim genaueren Hinsehen offenbarte sich die “Schein+Heilige+Messe”, man
befand sich mittendrin in der Installation von Alexandra Schütz im Nassauer
Stall im Wickrather Schloss. Die perfekte Illusion.
Schon seit ihrer Kindheit ist die Künstlerin beeinflusst von den Ritualen der
katholischen Glaubenslehre. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Kreis
Heinsberg waren die regelmäßigen Kirchbesuche für sie Momente der Entspannung
und Begegnung zugleich.
Die Messe als Entertainment, die Kirche als Veranstaltungsort? Das fragte sie
sich spätestens seit ihrer Ausbildung zur Restauratorin; die heiligen Gemäuer
waren für sie plötzlich „die Baustelle”. Maschinenlärm, Gelächter,
Arbeitergeschrei erfüllten den Raum. War Gott solange ausgezogen?
Eigentlich kann die Künstlerin sich Gott gar nicht vorstellen, glaubt schon an
irgendetwas Höheres, ein konkretes Bild hat sie nicht, und möchte sie sich auch
nicht machen. Vielleicht ist da eher der Glaube an Begegnungen, an Menschen, an
denen man wachsen kann.
Dies alles schlägt sich nieder in dem hier vorgestellten Werk, provoziert
behutsam den vermeintlichen Kirchgänger durch Texte wie:
„We Love To Entertain You” auf drei kunstvoll gemalten Bannern im Altarbereich.
Ein selbst- entworfener Teppich führt den Betrachter auf den „One Way”: für die
einen der Weg zu Gott, für die anderen eine Einbahnstraße. Die Kirchenbänke,
längs des Mittelganges, laden ein zum Gespräch mit seinem Gegenüber, die
Menschen zueinander gewandt, nicht zum vermeintlichen „Gott da vorne”. Einige
nahmen die Gelegenheit auch direkt wahr und probierten das Gestühl dann auch
gleich aus.
Von der Bereitschaft der Künstlerin, den Anwesenden auch noch die Beichte
abzunehmen, machte dann doch niemand Gebrauch.
„Religion zum Mitnehmen” bot der Verkaufsstand der Künstlerin, Kreuze zum
Selbstgestalten („Wo doch sowieso jeder sein Kreuz zu tragen hat”, sagt sie)
konnte man hier erwerben, „Last Supper Pillen” und „Jesus-Wundheilpflaster”
rundeten das Angebot ab. Bei aller Ironie möchte Alexandra Schütz keine
religiösen Gefühle verletzen, sie möchte nur anregen, sich mit dem Thema
auseinanderzusetzen und vielleicht seine eigene Religiosität neu zu bewerten,
Alternativen aufzeigen, um so vielleicht spielerisch das Sakrale für sich neu
zu entdecken. Text: Michael Kempe
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