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Die Eröffnungsrede zur Gemeinschaftsausstellung "IDENTITÄT s SCHICHTEN" mit Beate Bündgen, Johannes Donner, Wilfried Kleiber und Thomas Jentgens auf Haus Hohenbusch im Laienbrüderhaus vom 6. - 8. Dezember 2013.
Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich darf Sie recht herzlich heute Abend zu unserer Ausstellungseröffnung begrüßen. Wir freuen uns, dass so viele den Weg in dieses doch etwas abgelegene Kloster trotz des winterlichen Wetters am Nikolausabend gefunden haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren. Erwarten Sie nicht das übliche Prozedere mit Musik, Begrüßungsrede, Musik, Kunsthistoriker, Musik, Sekt und dann auch noch ein wenig Kunst.
Erwarten sie heute Abend in erster Linie unsere Kunst und erlauben Sie mir eine kurzes Wort zum Titel unserer Ausstellung.
Identität(s)Schichten - Identität hat etwas mit identifizieren zu tun, mit ausloten, erforschen, analysieren, suchen und finden.
Schichten liegen übereinander, sie bedecken sich, sie werden bedeckt, sind versteckt, unsichtbar, obwohl vorhanden, sie werden unterschiedlich wahrgenommen, unterschiedlich assoziiert.
Die hier anwesenden Künstler sind, wie alle ehrlichen Künstler, Suchende, Forschende, von dem Drang besessen, zu finden. Sie suchen in den vielen Schichten der menschlichen Existenz mit all ihren Erscheinungen nach Antworten - und dies auf ganz unterschiedliche Weise. Resultate sind hier allerdings oft nur Vorläufigkeiten, um ein Status Quo zu dokumentieren, sind visuelle Texte, sind ablesbare Prozesse, sind Handschriften, sind Dokumente von Erfahrungen - sind Werke, die sich letztendlich im Kopf des Betrachters als gedanklich-assoziative Prozesse weiterentwickeln können, sollen, müssen.
Auch wir Künstler,meine sehr verehrten Damen und Herren, können nicht alle Schichten aufdecken, auch wir Künstler bleiben in dieser Hinsicht Scheiternde, in dem Bewusstsein, das dies nicht alles sein kann. Dieses so verstandene Scheitern wird aber zum Motor für unser gesamtes künstlerisches Tun, für unser Suchen, Forschen, Identifizieren.
Unsere Ausstellung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird Ihnen zeigen, dass wir sehr verschiedene Wege des Suchens beschreiten; Sie sehen sich konfrontiert mit dem Informell, dem abstrakt Expressiven in altmeisterlicher Technik, der reduzierten Formensprache des Holzschnitts mit seinen scharfen Kontrasten, kräftigen Linien und Flächen, sie sehen sich plastischen Darstellungen mit biomorpher, organischer Ausdruckskraft gegenüber und Figuren, die das Tragisch-Pessimistische und Alltäglich-Optimistische zur Wirklichkeit werden lassen.
Beate Bündgen formuliert in Ihren figürlichen Darstellungen ein einfaches, ungebrochenes Lebensgefühl. Die Tradition des Holzschnitts ist für Bündgen mehr als Vergangenheit, sie ist Herkunft und Verpflichtung. Sie verbindet die Klarheit der Kontur, die knappe und dadurch wirksame Bestimmtheit der Darstellung z.B. expressiver Bildnisse mit ihrer Auffassung von Sinnlichkeit und Ästhetik. Hier werden Gefühle, Erwartungen, Hoffnungen zum Motiv.
Sie geht sogar noch weiter. Der Holzstock wird nicht mehr nur als Druckstock verstanden, als Mittel zum Zweck, sondern ist jetzt auch mit dem vollen Eigenwert des Kunstwerks ausgestattet, mit seiner eigenen Originalität und Ursprünglichkeit, mit der Kraft seiner Materialität, auf die die Künstlerin so viel Wert legt. Beide zusammen, Druckstock und die dazugehörigen Drucke, bilden so ihre eigene Identität mit all ihren Schichten ohne ihr Gemeinsames aufgeben zu müssen.
Johannes Donner dokumentiert in seinem Werk eine beinah artistische Freiheit im Umgang mit dem Material, der Farbe und der Gestik. Und obwohl er sich in seinen Fresken altmeisterlicher Techniken bedient, bedeuten die Farben und Rhythmen der Bilder nichts als sich selbst in ihrer kunstvoll inszenierten Erscheinung. Die Kraft seiner Bilder manifestiert sich nachhaltig in der Auseinandersetzung mit dem Material und einem kalkulierten, man kann schon sagen, geführten Zufall während eines intensiven und oft zeitlich langen Produktionsprozesses. Körperlich Wiedererkennbares, wie in der Freskenmalerei eines Michelangelos, suchen wir in den Werken Donners vergeblich. Stattdessen sehen wir Ergebnisse, bestimmt durch das Material und einer eigenen Identität, mit all ihren Schichten.
Tief der menschlichen Figur verpflichtet, entstehen die Plastiken und Objekte des Bildhauers Wilfried Kleiber nach der Natur, ohne diese nachzuahmen. Diesen Schaffensprozess beschrieb schon Hans Arp: „Wir wollen die Natur nicht nachahmen ... Wir wollen bilden, wie die Pflanze ihre Frucht bildet, und nicht abbilden.“ Kleibers oft glänzende, in ihrer Figürlichkeit stark reduzierten Edelstahlobjekte gleichen zuweilen einer spiegelnden Entmaterialisierungen, die den gespiegelten Umraum wie eine Vision in sich bricht, wenn man die Plastik umschreitet, seinen Standort verändert. Auch hier nehmen die Aussagekraft des Materials und der Prozess der Entstehung einen breiten Raum ein. Wenn Kleiber Torsi baut, dann meint er nicht das Bruchstück eines ehemals Vollständigen, sondern eine vollendete Form. Akzentuierungen einzelner plastischer Körpergliederungen reichen, um ein Ganzes vorzustellen. Seine Plastiken und Objekte tragen von Beginn an den Keim des Weiterwachsens in sich, sie sind „unvollständig“, um sich entwickeln zu können, sie zeigen Schichten sich verändernder Identitäten.
Stilisierung, Abstrahierung und Vereinfachung, bei gleichzeitigem Festhalten am intakten menschlichen Körper, sind bei der Serie der Befragungen der Suche nach der inneren Wahrheit geschuldet. Von irgendeinem Ort der realen Welt, von irgendeiner Person gehen Impulse aus, fordern eine innere Reaktion. Thomas Jentgens kommt dem Wesen dieser Erfahrungen immer näher, indem er jede störende Einzelheit verdrängt und gleichzeitig den Figurinen durch das modelé der Oberfläche neue Lebendigkeit und den Ausdruck subjektiver Befindlichkeit verleiht. Scheinbar Belangloses, Alltägliches verweist so auf die allgegenwärtigen menschlichen Tragödien, auf den Heißhunger der Schaulustigen auf das Elend der Opfer unsinniger Handlungen, auf die innere Verfasstheit des Menschen unserer realen Welt.
Mit diesen Charakterisierungen zeichnet Jentgens Identitäten mit all ihren Schichten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren ... Unsere Werke warten auf Sie und Ihre Fragen. Lassen Sie Sich von ihnen ansprechen, treten Sie in einen Dialog mit ihnen und, wenn Sie wollen, mit uns.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Erkelenz, den 06.12.2013
Thomas Jentgens
Text: Thomas Jentgens
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