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Heinz Eßer fotografiert seit 1950 und schreibt Gedichte seit 1980, zunächst in plattdeutscher Sprache, später auch in Hochdeutsch. Ein weiterer Schritt, fast zwangsläufig, war das Kombinieren von Foto und Text. Er berichtet:
Den Begriff „Bildgedicht“ für solches Zusammenfügen zu verwenden, ist nicht unproblematisch; er ist in der Literatur mehrfach besetzt. Gemeint sind hier nicht lyrische Texte, die sich auf Werke der Bildenden Kunst beziehen, auch nicht Figurengedichte (Ideogramme). Dennoch, um meine Arbeiten benennbar zu machen, die Bild und Verse in Beziehung setzen und physisch vereinen, greife ich - naheliegend - zum „Bildgedicht“.
Die Nutzung der digitalen Technik mit einer Vereinigung von Lyrik und Bild ermöglicht neue Formen der Gestaltung in einer früher nicht gekannten engen Bindung. „Viele Wege führen nach Rom“. Eine Möglichkeit besteht darin, im eigenen Vorrat von Text und Bild Adäquates zu suchen. Die besten Voraussetzungen hierfür sind dann gegeben, wenn sich ein Thema in beiden Gestaltungsformen in gleicher oder ähnlicher Ausprägung niedergeschlagen hat. Die zumeist beschrittene Alternative ist allerdings ein anderer Weg: Da sind Bilder, die geradezu nach einer „Verdichtung“ rufen, denen etwas „angedichtet“ werden kann. Aber auch der umgekehrte Fall ist häufig: Da ist ein Gedicht, das dazu herausfordert, sich vom Geschilderten „ein Bild zu machen“.
Voraussetzung: Man muss Spaß an der Sache haben, Spaß auch am Experimentieren. Dazu zählt die Wiederentdeckung der Alliteration, des Stabreims. Hierbei besitzen die betonten Stammsilben zweier oder mehrerer benachbarter Wörter den gleichen Anfangslaut. Der Stabreim ist eine Stilfigur der Antike und des frühen Mittelalters in der griechischen und germanischen Dichtung, die im 9. Jh. durch den Endreim verdrängt wurde.
Eine Steigerung erfährt der Stabreim im Tautogramm. Das sind Sätze, bei denen jedes Wort mit demselben Buchstaben anfängt. Auszug aus meinem Wolken-Bildgedicht:
Weiße Wolken wandern weiter,
Heit’re Haufen himmelhoch.
Feine Federn ferne fliegen.
Schöne Schäfchen schlafend schweben.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der „Betrachtungs-Lesung“ der hier ausgewählten „Bild-Gedichte“.
Text: Heinz Eßer
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